Stylistin Jadwiga Pokryszka wohnt in Neukölln, dort wo das junge und wilde Leben Berlins tobt. „Ich bin seit über zehn Jahren hier. Damals war es nicht ‚in’ hier zu wohnen“, erzählt sie, während sie uns in ihre charmante kleine Altbauwohnung führt. An der Wand im Flur hängen Metallschablonen mit Zahlen von 1 bis 100, einige Zahlen fehlen und wurden von ihr mit roter Farbe ergänzend eingesetzt. „Ich liebe rote Akzente. Da nach Feng Shui ohnehin etwas Rotes im Eingangsbereich sein sollte, habe ich nach dem Pinsel gegriffen“, erklärt sie uns. Wir machen mit Kater Zhi-Mi Bekanntschaft, der sich und sein liebstes Spielzeug, eine weiße Plüschmaus, adrett auf dem Verner Panton Teppich in Szene setzt. Unsere Blicke schweifen weiter durchs Wohnzimmer: Vintage, Vintage, Vintage! „Schon als Kind faszinierten mich alte Möbel. Das hat sich bis heute nicht geändert“, sagt sie lächelnd, während sie uns zwei persönlich aufgearbeitete Mid Century Lounge Chairs aus ihrer Heimat Polen zeigt.
Es ist eine dieser Wohnungen, in denen man immer wieder etwas entdeckt, viele kleine Details, an denen man hängen bleibt: ein Kinderfoto, schöne Blumen, Illustrationen und immer wieder Katzen. „Ich persönlich finde meine Wohnung nicht außergewöhnlich. Mein Job als Stylistin bringt mit sich, dass ich ständig nach Perfektion strebe und niemals das Gefühl habe, fertig eingerichtet zu sein“, gibt Jadwiga und holt uns frisches Hefegebäck aus dem Ofen. „Seit ich Qi Gong mache bin ich allerdings viel entspannter. Ich genieße es nun, mehrere berufliche Standbeine zu haben.“
Das Nähen ist Jadwigas große Leidenschaft. Hinter einem riesigen weißen Vorhang im Schlafzimmer befinden sich ihre „Schätze“: eine große Knopfsammlung und unzählige Stoffe. Im Café Katulki im Kiez gibt sie seit kurzer Zeit Näh- und Strickkurse und fertigt zudem Kleidungsstücke für Privatkunden und ausgewählte Boutiquen, wie den Charlottenburger Concept Store Berlinerzimmer. „Mich begeistert seit jeher die avantgardistische Mode von Comme des Garçons und Yohji Yamamoto, aber mein Stil und das, was mir gefällt, wandelt sich. Das gilt für die Mode, aber auch für meine Wohnungseinrichtung“ erzählt sie und holt dabei eine Elle Decoration aus dem Jahr 2000 hervor, in dem Bilder ihrer damaligen Wohnung in Köln zu sehen sind. „Damals war ich viel in Spanien, das spiegelte sich auch in den Farben, Formen und Materialien wider“, erinnert sich Jadwiga als sie durch die Zeitschrift blättert und mit dem Finger auf blaue Wände und rustikale Holzstühle deutet. Das Magazin gab dem Artikel die Überschrift „Straßengeschichten“, weil Sperrmüll-Möbel die Räume dominierten. Außer einem großen Holztisch und einer Schneiderpuppe lässt sich nichts von damals an ihrem heutigen Neuköllner Zuhause entdecken. „Wenn man in eine neue Wohnung zieht, ist das ein wunderbarer Anlass, etwas Neues auszuprobieren. Einzig meine Leidenschaft für Vintage, die ist mit eingezogen.“