Unser Vintage-Shop des Monats ist DECO ARTS in Berlin Schöneberg. Wir haben Besitzerin Marie-Pascale Charles getroffen und erfahren, wie steinig der Weg zum erfolgreichen Geschäft war, warum sie trotzdem nie etwas anderes tun wollte und uns ihr ausgefallenes und einzigartiges Sortiment zeigen lassen. Stilmix par excellence!
DECO ARTS ist anders. Alles ist bunter, voller und mutiger als in den meisten Vintage-Shops Berlins. Minimalismus muss draußen bleiben, aber Stil ist Pflicht. Wer etwas besonderes sucht, der ist hier richtig. Die Rauten an den Wänden des Eingangsbereich begeistern uns. Es ist ein wohnlich elegantes Statement, handgemalt von Wandgestalterin Bettina Klug. Das Sortiment: hochwertig, aber wild gemixt. Mit einem sonnigen Lachen empfängt uns Marie.
„Mit sechzehn ersteigerte ich bei einer Auktion einen kleinen Art-Deco-Spieltisch und bezahlte mit meinem Taschengeld. Da haben sich meine Eltern schon etwas gewundert.“ erzählt Marie als wir sie fragen, wie alles begonnen hat. Damals lebt sie in Paris. Nach der Schule studiert sie Fotografie und fragt sich anschließend, ob sie tatsächlich eine Künstlerin sein möchte. Nein ist die Antwort. Sie zieht nach Berlin und beschließt, ihr Hobby, das leidenschaftliche Suchen nach schönen Möbeln, zum Beruf zu machen. Sie jobbt in Galerien und spart Geld zusammen. 1999 eröffnet sie ihren Laden in der Motzstraße. „Die meisten konnten mit den Möbeln, die ich verkaufte, nicht viel anfangen. Mehr als ein paar neugierige Blicke hatte man nicht übrig.“ Sie lässt sich nicht entmutigen, weil sie liebt, was sie tut. Um über die Runden zu kommen, jobbt sie weiterhin nebenbei. Vielleicht ist die Zeit einfach noch nicht reif für Marie und ihr einzigartiges Sortiment. Die deutsche AD widmet 2008 einem Einrichtungsprojekt von Marie, dem Living Hotel Münz8 in Berlin-Mitte, einen Artikel. Das ist der Durchbruch.
2009 wird Marie Mutter. Nach der Geburt gibt sie den Laden für drei Monate in die Hände einer Aushilfe. Es fält ihr schwer. „Es ist nicht einfach, wenn man einen solchen Laden besitzt und ein kleines Kind hat. Man muss ja nicht nur zu den Öffnungszeiten im Laden stehen, sondern auch schauen, dass man Ware bekommt. Wer Vintage-Möbel verkauft, kann nicht ordern, der muss aktiv werden.“ Heute ist ihr Sohn vier Jahre alt. Einmal im Monat setzt sie sich in einen Transporter und fährt ins Ausland. Italien, Frankreich, Belgien, die Schweiz oder die Niederlande, sie mag die Abwechslung und sammelt ein, was ihr gefällt. Zuletzt war sie in Schweden. Eigentlich war es Urlaub, aber ein paar Accessoires brachte sie trotzdem mit. „Mein Traum ist es, in Brasilien nach Möbeln und Accessoires zu suchen. Das einzige was daran schwierig und vor allem teuer ist, ist der Transport hierher.“ Ihr Sortiment einer Stilrichtung zuzuordnen versucht man vergeblich. Marie hat den Mut, sich auf ihr Auge und ihr Bauchgefühl zu verlassen, den Mut, sich von Eames, Jacobsen oder Panton Klassikern fern zu halten. Nicht weil sie ihr nicht gefallen, einfach, weil sie von ihnen übersättigt ist. Als großes Vorbild nennt sie Paul Jackson, der für seine Galerie Jacksons mit viel Feingefühl immer wieder sehr ausgefallene Möbelstücke aufspürt. Man findet ein französisches 50er Jahre Sideboard aus feinstem Holz mit eingelassenen Elementen in Kleeblattform, handgemachte Keramiken, Sonnenspiegel (We love!), alte Metallhanteln, einen antiken Schuhputzkasten aus Italien oder ausgestopfte Vögel. Letzteren gilt auch Ihre private Sammelleidenschaft. Etwa dreißig hängen an der heimischen Wohnzimmerwand. Dann schob ihr Freund einen Riegel vor. Nun finden einige Exemplare ihren Platz im Laden, stehen aber grundsätzlich nicht zum Verkauf. „Wenn ein Kunde reinkommt, der sich in einen Vogel verliebt und ich den Eindruck habe, er kommt in gute Hände, dann mache ich auch mal eine Ausnahme“, räumt Marie ein.
Zuhause geht es entspannt zu. „Alle Dinge, die kaputt gehen könnten, habe ich aus meiner Wohnung in den Laden gebracht (lacht). Zuhause möchte ich mich wohlfühlen und nicht die ganze Zeit mit dem Putzlappen hinter meinem Kind herlaufen. Möbel sind zwar zum Leben da, aber ab einem gewissen Möbelwert ist man dann eben doch nicht mehr relaxed.“ Maries exquisiter Geschmack und ihre Begabung etwas dicker aufzutragen und dabei trotzdem Klasse zu bewahren spielen ihr immer wieder Einrichtungsanfragen ein. Ob Hotels, Bars oder Ladengeschäfte, ihr Portfolio weist keine Lücken auf. Sie kann es einfach. Und kurz bevor wir gehen, huscht es ihr dann auch über die Lippen: „Ich liebe einfach, was ich tue. Es macht mich so glücklich.“ Und genau das spürt man von der ersten Sekunde an, wenn man DECO ARTS betritt…